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Hilfe und Beratung für Alkoholtrinker und ihr Umfeld

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Wege zum kontrollierten Trinken

Die Methode zum kontrollierten Trinken hat sich allmählich als mögliches therapeutisches Ziel etabliert. Wie geht diese Reduktion des Alkoholkonsums vor sich ? Was hat man heute für Resultate zum kontrollierten Trinken.

Kontrolliertes Trinken: was ist das ?

Studien haben gezeigt, dass das Alkoholabhängigkeitsrisiko, die kurz- und langfristigen Schäden sowie die Sterblichkeit mit zunehmendem Konsum steigen. (1)

Für solche, die keine totale Abstinenz anstreben, bedeutet das kontrollierte Trinken eine interessante Alternative. Wenn dies gelingt, erlaubt das kontrollierte Trinken einerseits mögliche Risiken und Schädigungen zu reduzieren und anderseits eine persönliche Wahl zu treffen.

Das Prinzip des kontrollierten Trinkens steht im Einklang mit der Risikoreduktion. Dieses hat sich in den Achtzigerjahren entwickelt um das Ansteckungsrisiko für HIV bei Drogensüchtigen zu senken (Austausch von Spritzen, Drogenersatztherapie…). Das Ziel ist es, die Folgeschäden der Sucht zu reduzieren. Die Senkung von Risiko und Schädigungen durch den Alkohol hat sich in den 2000iger Jahren durchgesetzt. Dieses Prinzip bietet eine mögliche Alternative zur Abstinenz.

Das Konzept scheint interessant zu sein, umso mehr als dass Untersuchungen gezeigt haben, dass fast die Hälfte der Abhängigen keine Therapie wünscht, da diese Menschen nicht komplett aufhören wollen zu trinken. (2)

Kontrolliertes Trinken in der Praxis

Das kontrollierte Trinken besteht in der Reduzierung der Konsumation bis zum Erreichen eines geringen Schädigungsgrades, gemäss Empfehlungen des Amtes für Gesundheit.

Die Kriterien zur Reduktion der Schädigungen basieren auf den Grenzwerten, die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) festgesetzt wurden, das heisst: entweder die Anzahl der Tage mit übermässigem Konsum (mehr als 40 g Alkohol pro Tag bei den Männern und mehr als 20 g Alkohol pro Tag bei den Frauen), zu limitieren oder anders gesagt, die Betroffenen auf ein moderates Risiko zu bringen (weniger als 20 g bei den Männern und weniger als 10 g täglich bei den Frauen) oder die Alkoholkonsumation der zwei Risikostufen zu verringern.

Eine Studie von 2018 hat jedoch gezeigt, dass auch eine geringe Menge Alkoholkonsum ein Gesundheitsrisiko darstellt. Diese Metaanalyse, die auf der Global Burden of Disease Study basiert, hat gezeigt, dass schon bei einem Glas Alkohol pro Tag jährlich das Risiko zur Entstehung eines der 23 Probleme verbunden mit Alkohol um 0,5 % ansteigt im Vergleich zu Nicht-Trinkern. (12)

Die eigene Konsumation zu kontrolliere bedeutet, ihr eine erhöhte Aufmerksamkeit zu schenken. Die Umsetzung erfolgt durch verschiedenen Strategien:

  • ein bewusster und entschlossener Schritt. Der Betroffene wählt und erarbeitet im Voraus den Umsetzungsplan.
  • die Selbstbeobachtung: das Führen eines Tagebuchs, welches täglich die Situationen, in denen der Betroffene sich besonders stark der Versuchung ausgesetzt fühlte und/oder eventuell konsumierte Mengen Alkohol, einfacher oder mühsamer Umgang mit Schwierigkeiten der Konsumationskontrolle angesichts verschiedener emotionaler und sozialer Gegebenheiten.

 Ueberprüft euer Tagebuch
  • die Planung: Vorschlag zur Aenderung der Konsumation, indem daran gearbeitet wird, Risikosituationen zu vermeiden (oder sich daran zu gewöhnen, die eigene Konsumation in den Griff zu bekommen), wie mit Kontrollverlust umgehen, z.B. tägliche oder Rituale am Wochenende einbauen.;

- Wochentage ohne Alkohol einplanen.

- besondere Momente ohne Alkohol einplanen: es wird allgemein empfohlen, in Momenten negativer Emotionen oder von Stress die Alkoholkonsumation zu vermeiden  (da es schwieriger ist, den Konsum in solchen Momenten zu kontrollieren); auch wird empfohlen, alkoholfreie Tage einzuplanen.

- der Versuch der  Steuerung der Konsumation in Situationen, die zum Trinken Anreiz geben      könnten (Familienfeste, Abendveranstaltungen) oder Auslöser von Angstzuständen, (Konflikte, Entscheidungen treffen, Prüfungen, Arbeit…). 

  • wiederholter Austausch mit Gesundheitsexperten über die Art des Konsumierens: Entwicklung in Beziehung zum Produkt, mit sich selber und den Situationen, mit denen man konfrontiert wird. Auch Angehörige können auf Wunsch in das Vorhaben zur Unterstützung sowie zur Entschärfung von Spannungsfeldern einbezogen werden.

  • Vorbeugung und Vorsorge von eventuellen Konfliktquellen oder von Stress (z.B. familiärer Stress, berufliche Spannungen…).

 wie kann ich in der Gesellschaft widerstehen ?

Welche Behandlungen zur Alkoholreduktion gibt es ?

Die Strategien umfassen Motivationstherapien, Psychotherapien (z.B. kognitive Verhaltenstherapie (KVT), psychodynamische oder systemische Therapie).

DAuch medikamentöse Therapien können zur Hilfe der Alkoholreduktion in Betracht gezogen werden.

  • das Nalméfène (Selincro® ) Antagonist (Gegenspieler) der Opioidrezeptoren wurde für eine Alkoholreduktion bei Alkoholabhängigen mit erhöhtem Risiko, jedoch ohne körperliche Entzugssymptom und ohne Notwendigkeit eines sofortigen Entzugs, auf dem Markt zugelassen.  Die Behandlung braucht eine psychosoziale Begleitung.
  • das Naltrexone (Revia® ), ebenfalls ein Antagonist der Opioidrezeptoren, wird zur Verringerung des Verlangens nach Alkohol empfohlen.
  • das Baclofène (Liorésal® , Baclofène Zentiva®), momentan in Frankreich mit Einschränkungen zugelassen, wird zur  Reduktion des übermässigen Alkoholkonsums bis zu einem geringen Konsum bei Alkoholabhängigen mit hohem Risiko verschrieben. Es wird zur Sekundärtherapie verordnet. Ein Antrag auf Zulassung zur Alkoholreduktion ist in Frankreich seit 2018 hängig.
  • das Acomprasate (Aotal® ), hilft, das Verlangen nach Alkohol zu reduzieren. Es wird vor allem wegen seiner neuroprotektiven (Verminderung zerebraler Schädigungen) Wirkung verordnet.

Trotz positiver Resultate betreffend der Wirksamkeit dieser Medikamente und trotz der Indikation,  die diese in gewissen Ländern erhalten haben, scheint es, dass nach einer Metaanalyse von 2018 die verfügbaren wissenschaftlichen Daten keinen eindeutigen  Schluss zur Wirksamkeit dieser Behandlungen zur Alkoholkontrolle zulassen (6). Diese Medikamente können für gewisse Menschen hilfreich sein. Die Profile jener, die gut auf solche Medikamente ansprechen, werden in Zukunft besser bekannt werden. Auf individueller Ebene gilt es, stets mit dem Arzt den persönlichen Nutzen eines Medikaments abzuwägen.

Welche Wirkung gegenüber der Abstinenz ?

Es gibt Studien zur Wirksamkeit der Alkoholreduktion gegenüber der Abstinenz. Eine Studie hat gezeigt, dass das Ziel einer totalen Abstinenz bessere Resultate erbrachte als jenes des kontrollierten Konsums (Reduktion der Konsumation), letztere war  mit weniger guten Ergebnissen verbunden. (7) Hingegen haben mehrere Studien – unter ihnen die von Burjarski et al – gezeigt, dass die Personen, die eine Reduktion anstrebten und keine Abstinenz, eine merklich geringere Alkoholkonsumation hatten als jene, die eine totale Abstinenz wählten (oder missachteten).

Die Abstinenz oder die kontrollierte Konsumation können für bestimmte Personen das Erreichen  klarer Ziele darstellen, die zur Zufriedenheit während eines bestimmten Zeitraums bei einem Teil der Betroffenen aufrechterhalten werden dürften (8). Eine bewusste, persönliche Entscheidung, beständiger Art  und sich den jeweiligen Bedürfnissen der Entwicklung anpassen, dürften die wahrscheinlichen Erfolgsfaktoren darstellen.

Die meisten Studien, die sich auf die kontrollierte Alkoholkonsumation beziehen, betreffen Menschen mit einer weniger starken Abhängigkeit. Die Studien sind von der Hypothese aus gegangen, dass dieses Ziel zu erreichen für stärker abhängige Personen schwieriger sein würde. Wenn Sie sich in dieser Situation befinden und Sie dennoch eine kontrollierte Konsumation anstreben, könnte eine ärztliche Unterstützung Ihnen helfen die Entzugsrisiken zu reduzieren, sowie Sie zu begleiten und Ihr Vorgehen zu analysieren.

Konsumreduktion: Vorteile für die Gesundheit

Die Reduktion der Konsumation scheint mit der Verringerung der Schädigungen reelle Vorteile zu bringen. Die Reduktion des Alkoholkonsums ist verbunden mit einem geringeren Sterblichkeitsrisiko und einer Verbesserung der physischen und mentalen Gesundheit (9) (10).

Reduktionen von einem oder zwei Levels der 4 Risikostufen der Alkoholkonsumation, die  durch die WHO festgelegt wurden (geringes Risiko, mittleres Risiko, hohes Risiko, sehr hohes Risiko) wurden als Kriterien alternativer Bewertungen herangezogen  um die Reduktion des Alkoholkonsums zu messen. Diese Reduktion ist verbunden mit einer Reduktion der Folgen der Konsumation, mit Verbesserungen der psychischen Gesundheit und mit dem geringeren Risiko eine Abhängigkeit zu entwickeln. Die Reduktion von einem oder zwei Levels des Risikokonsums von Alkohol  nach der WHO-Skala während der Behandlung erbrachten beachtliche Reduktionen des systolischen Blutdrucks und Verbesserungen der Leberwerte sowie eine signifikative Verbesserung der Lebensqualität. Die Autoren der Studien schlossen daraus, dass  «die Risikostufen der WHO hinsichtlich der Alkoholkonsumation in der medizinischen Praxis hilfreich sein könnten um Ziele zu bestimmen, hinsichtlich der  Reduktion des Alkoholkonsums, die beachtliche klinische Verbesserungen betreffend  der Gesundheit und der Lebensqualität erkennen lassen» (11).

Eine neuere Studie zielt darauf hin, diese Schwellen noch zu senken. Sie kommt zum Schluss, dass auch ein geringer Alkoholkonsum ein Gesundheitsrisiko darstellt. Diese Metaanalyse, basiert auf der Global Burden of Disease study, hat ergeben, dass schon 1 Glas Alkohol pro Tag während eines Jahres das Risiko der Entwicklung eines der 23 Probleme ausgelöst durch den Alkohol sich gegenüber dem Nicht-Trinker um  0,5 % erhöht.

Sie können die Veränderung, die Sie wünschen, selbst bestimmen. Das ist allein Ihre Sache. Berücksichtigen Sie dabei Ihre Vorlieben und Wertvorstellungen. Durch Stop-Alkohol, Ihre Familie, Ihr Umfeld und Ihre Betreuer finden Sie Hilfe und Unterstützung. Beobachten Sie sich selbst, gewinnen Sie Vertrauen und verbessern Sie nach und nach Ihre Zielvorstellungen und Vorgehensweisen um die besten Resultate für Ihre Bedürfnisse zu erzielen, damit diese dem Leben, das Sie sich wünschen, am ehesten entsprechen.

Wichtig: Jeder Alkoholentzug bedarf einer Betreuung durch einen Arzt (Hausarzt oder Spezialist). Jeder Betroffene reagiert anders am Anfang einer solchen Behandlung. Gewisse Komplikationen hinsichtlich der Entzugssyndrome können auftreten (Epilepsieanfälle, Atemnot, Delirium Tremens, Halluzinationen etc.).


(Autoren: A-S. Glover-Bondeau | Dr. Y. Khazaal | mai 2019)

Von der Originalsprache Französisch ins Deutsche übersetzt: Theres Aeschbacher 

Referenzen:

  1. Rehm J., Zatonksi W., Taylor B., Anderson P., Epidemiology and alcohol policy in Europe, Addiction, volume 106 s1, mars 2011, p. 11-19.
  2. Substance Abuse and Mental Health Services Administration: Results from the 2013 National Survey on Drug Use and Health: Summary of National Findings. Rockville, Substance Abuse and Mental Health Services Administration, 2014.
  3. Mann K, Aubin HJ, Witkiewitz K. In Reduced Drinking un Alcool Dependance Treatment, What is The Évidence ? Eur Addict Res. 2017;23(5):219-230.
  4. L Ray, JL Krull, L Leggio - The effects of naltrexone among alcohol non-abstainers: results from the COMBINE Study, Frontiers in psychiatry, 2010.
  5. Mason BJ, Goodman AM, Chabac S, Lehert P. Effect of oral acamprosate on abstinence in patients with alcohol dependence in a double-blind, placebo-controlled trial: the role of patient motivation. J Psychiatr Res. 2006 Aug;40(5):383-93. Epub 2006 Mar 20.
  6. Palpacuer C, Duprez R, Huneau A, Locher C, Boussageon R, Laviolle B, Naudet FPharmacologically controlled drinking in the treatment of alcohol dependence or alcohol use disorders: a systematic review with direct and network meta-analyses on nalmefene, naltrexone, acamprosate, baclofen and topiramate, Addiction. 2018 Feb;113(2):220-237.
  7. Bujarski S, O'Malley SS, Lunny K, Ray LA. The effects of drinking goal on treatment outcome for alcoholism, ) J Consult Clin Psychol. 2013 Feb;81(1):13-22.
  8. Kline-Simon AH, Litten RZ, Weisner CM, Falk DE. Posttreatment Low-Risk Drinking as a Predictor of Future Drinking and Problem Outcomes Among Individuals with Alcohol Use Disorders: A 9-Year Follow-Up. Alcohol Clin Exp Res. 2017 Mar;41(3):653-658.
  9. Shield KD, Gmel G, Makela P, Probst C, Room R, Rehm J: Life-time risk of mortality due to different levels of alcohol consumption in seven European countries: implications for low-risk drinking guidelines. Addiction 2017;112:1535-1544.
  10. Charlet K, Heinz A: Harm reduction-a systematic review on effects of alcohol reduction on physical and mental symptoms. Addict Biol 2016;22:1119-1159. External Resources.
  11. Witkiewitz K, et al Drinking Risk Level Reductions Associated with Improvements in Physical Health and Quality of Life Among Individuals with Alcohol Use Disorder. Alcohol Clin Exp Res. 2018.
  12. R.Burton, N.Sheron (2018). No level of alcohol consumption improves health. The Lancet (392), issue 10152. P987-988

Quelle :

  • La réduction des risques et des dommages est-elle efficace et quelles sont ses limites en matière d’alcool ? Henri-Jean AUBIN, Inserm, 2016